Christa Klusch, Dr. Eva Annweiler, Annette Charra (CVUA Freiburg), Dr. Harald Hahn, Timo Höwing (CVUA Sigmaringen), Ursula Blum-Rieck, Dorothee Doludda (CVUA Stuttgart)
Insgesamt 20 % der untersuchten Proben wurden beanstandet, 95 % der Beanstandungen bezogen sich auf irreführende Angaben zu Vanille.
Echte Vanille erfährt beim Verbraucher eine hohe Wertschätzung und wird daher in vielen Lebensmitteln zur Geschmacksgebung eingesetzt. Aufgrund der seit Längerem steigenden Nachfrage bei gleichzeitig schlechten Ernten von Vanilleschoten stieg der Preis in den letzten Jahren enorm an. So gehört Vanille neben Safran zu den teuersten Gewürzen der Welt.
Vanillin, der Hauptaromastoff der Vanille, ist weltweit der bedeutendste Aromastoff. Er kann auf einfachem Wege auch chemisch synthetisiert oder biotechnologisch hergestellt werden. Aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit von echter Vanille und aus Kostengründen wird Vanillin, aber auch andere, ähnlich schmeckende Aromastoffe häufig in Lebensmitteln eingesetzt. Eine sensorische Unterscheidung von echter Vanille und aus Aromastoffen (z.B. mit Hilfe von Piperonal oder Ethylvanillin) „komponierten“ Aromazubereitungen ist meist schwierig oder unmöglich.
Bei der analytischen Überprüfung von Vanilleprodukten kommen an den Untersuchungsämtern in Baden-Württemberg folgende Verfahren zum Einsatz:
Die Untersuchungsämter Baden-Württembergs beteiligten sich bei der diesjährigen Operation OPSON IX Vanille (1). Die von Europol und INTERPOL koordinierten OPSON-Operationen werden seit dem Jahr 2011 durchgeführt und dienen zur Aufklärung von Lebensmittelbetrug, welche auf nationaler Ebene durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in Berlin koordiniert wird. Hauptziel der Untersuchungen war es, Verfälschungen von Produkten mit Angaben zur Verwendung von natürlicher Vanille aufzudecken.
So wurde ein breites Spektrum an vanillehaltigen Lebensmitteln, von der reinen gemahlenen Vanilleschote über Vanillezucker/-salz bis hin zu Speiseeis, Desserts und Feinen Backwaren auf die Übereinstimmung von Kennzeichnung und Zusammensetzung überprüft.
Es wurden 89 Proben mit Angaben zur Verwendung von natürlicher Vanille (z.B. Bezeichnung, Zutatenverzeichnis, Abbildung von Vanilleschoten und/oder -blüten) untersucht (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: prozentualer Anteil der auf Vanille untersuchten Lebensmittelgruppen
Von 18 beanstandeten Proben wurden 17 aufgrund irreführender Angaben bezogen auf Vanille beurteilt (siehe Abbildung 2). Die Beanstandungsquote betrug über alle Produktgruppen gemittelt ca. 20 %.
Als irreführend wurde beurteilt:
Abbildung 2: Beurteilungen der auf Vanille untersuchten Lebensmittelgruppen
Von 15 untersuchten Proben wurde die Kennzeichnung einer Probe Vanillesalz als irreführend beurteilt. Neben der Verwendung von Bourbonvanille wurde hier der Aromastoff Vanillin zugesetzt. Dadurch wurde der Probe ein intensiverer Geruchs- und Geschmackseindruck nach Vanille verliehen, sodass beim Verbraucher der Eindruck erweckt werden kann, dass in dieser Probe eine besonders hohe Menge an der wertgebenden Zutat „Bourbon-Vanille“ enthalten ist.
Von 24 untersuchten Proben wurde 1 Probe wegen eines Kennzeichnungsmangels beurteilt.
Untersucht wurden Produkte mit der Bezeichnung „Vanilleeis“ und z.T. die zur Herstellung verwendeten Halberzeugnisse.
Von 8 untersuchten Speiseeisproben aus loser Abgabe waren 4 (50 %) fehlerhaft in der Theke gekennzeichnet, obwohl die Kennzeichnung der verwendeten Halberzeugnisse korrekt erfolgt war. Hier besteht offensichtlich Informationsbedarf der Eisdielenbetreiber über die rechtlichen Vorgaben zur Kennzeichnung von „Vanilleeis“.
Von 11 untersuchten Proben Speiseeis in Fertigpackungen war lediglich eine Probe zu beanstanden. Jedoch war zu beobachten, dass einige Produkte z.T. nur sehr geringe Mengen an vanilletypischen Aromakomponenten enthielten, welche sich an der analytischen Bestimmungs- bzw. Nachweisgrenze bewegten.
Die 11 untersuchten Produkte (Saucen, Puddinge, Kremspeisenpulver) waren mit Angaben wie „mit Bourbon-Vanille“, „mit natürlichem Bourbon-Vanillearoma“, „Crème à la vanille“ oder „Vanille Pudding“ versehen.
In 4 Proben waren vanillefremde Aromastoffe enthalten, die einen vanilleartigen Geschmackseindruck erzeugen oder verstärken. Bei 2 Proben wurde der Aromastoff Piperonal nachgewiesen, bei einem Kremspeisenpulver zudem der Aromastoff Ethylvanillin.
Auch die Angabe „Vanilla“ wurde aufgrund ihrer sprachlichen Nähe zu „Vanille“ als zur Irreführung geeignet angesehen. In einer Probe waren keine relevanten Aromakomponenten der Vanille nachweisbar.
Alle vorverpackten Proben waren als „Vanille-…“ bezeichnet, trugen naturgetreue Abbildungen von Vanilleblüten und/oder –schoten auf der Verpackung und/oder waren laut Zutatenverzeichnis ausschließlich mit „natürlichem (Bourbon-)Vanillearoma“ aromatisiert.
Während die Ergebnisse der HPLC-Untersuchungen bezüglich der Vanille-Aromakomponenten alle unauffällig waren, zeigten von 10 untersuchten vorverpackten Proben 5 auffällige Stabilisotopenverhältnisse des Vanillins. In einer Probe wurde zusätzlich der Aromastoff Piperonal nachgewiesen.
In einer lose abgegebenen Probe waren keine relevanten Aromakomponenten der Vanille nachweisbar.
Auf der Verpackung eines Proteinriegels war eine Vanilleblüte und mehrere Vanilleschoten abgebildet, obwohl das vanilleähnliche Aroma überwiegend durch den Zusatz der Aromastoffe Vanillin und Piperonal hervorgerufen wurde.
Die Beurteilung von Vanilleprodukten stützt sich insbesondere auf
Als weitere Beurteilungshilfen dienen u.a.
Speiseeis:
Nach Nummer 2.2.2.1 der Leitsätze für Speiseeis erhält „Vanilleeis“ den Vanillegeschmack ausschließlich durch gemahlene Vanilleschoten, Vanilleextrakt und/oder natürliches Vanillearoma.
Wird eine Vanillefrucht oder Vanilleblüte abgebildet, werden ausschließlich gemahlene Vanilleschoten, Vanilleextrakt und/oder natürliches Vanillearoma eingesetzt.
Desserts, Pudding:
Nach Nummer II.6 der Leitsätze für Puddinge, andere süße Desserts und verwandte Erzeugnisse weist Vanille-Pudding und Vanille-Dessert sowie gleichsinnig bezeichnete verwandte Erzeugnisse, z.B. Vanillesoße, einen deutlich wahrnehmbaren Vanillegeschmack auf; es werden mindestens 0,8 g Vanilleschoten oder eine geschmacklich entsprechende Menge natürliches Vanillearoma pro Kilogramm bzw. Liter des verzehrfertigen Lebensmittels zugesetzt.
Feine Backwaren:
In den Leitsätzen für Feine Backwaren unter Kapitel I Nummer 11 i) heißt es: Als „Vanille…” bezeichnete Feine Backwaren enthalten als Aromastoffe nur Vanille und/oder Vanillearoma mit natürlichen Aromastoffen; sie weisen einen deutlich wahrnehmbaren Geschmack und Geruch nach Vanille auf.
Vanille ist ein sehr beliebtes, teures Gewürz mit hohem Verfälschungspotential. Vor diesem Hintergrund erscheint die im Rahmen der OPSON-IX-Aktion festgestellte Beanstandungsrate von etwa 20 % wenig überraschend.
Eine sensorische Unterscheidung von echter Vanille und aus Aromastoffen „komponierten“ Aromazubereitungen ist oft nicht möglich. Selbst mit modernen Analysenverfahren sind bewusste Verfälschungen von Vanilleerzeugnissen schwierig zu erfassen.
Wie die Erfahrung der letzten Jahre aufgrund eigener Untersuchungen zeigt, sind in Lebensmitteln mit natürlichen Vanillearomen die Gehalte an Vanillin und seiner Begleitprodukte merklich zurückgegangen, was u.a. auf einen reduzierten Einsatz der Zutat Vanille hindeutet.
Fehlende gesetzliche Mindestgehalte an Vanille erschweren zudem die Beurteilung von Lebensmitteln, deren Kennzeichnung die Verwendung von Vanille hervorhebt.
Die amtliche Überwachung ist bestrebt, die analytischen Methoden weiter zu verbessern, beispielsweise durch die Senkung von Nachweisgrenzen oder die Einbeziehung weiterer vanilletypischer Begleitsubstanzen.
(1) Presseinformation BVL zu OPSON IX – 22.07.2020
(2) UABW (2018): Wie echt ist die Vanille im Lebensmittel?
(3) UABW (2018): „Echte“ Vanille im Eis?
(4) UABW (2016) Alles echt? Nachweis von Verfälschungen bei Lebensmitteln
(5) Untersuchungsämter Baden-Württemberg (UABW) (2016): „Echte Vanille?
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