Baden-Württemberg

Die Untersuchungsämter für Lebensmittelüberwachung und Tiergesundheit

Viruspandemie beendet, Lebensmittelinfektions- und -intoxikationserreger bleiben immer!

Jahresbilanz 2022 der Abteilungen für Lebensmittelmikrobiologie der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter

Dr. Dagmar Otto-Kuhn, CVUA Stuttgart

 

Mikrobiologische und molekularbiologische Lebensmitteluntersuchungen

Salmonellen-Untersuchungen

Untersuchungen auf EHEC-Infektionserreger

Listerien-Untersuchungen

Untersuchungen auf Bacillus cereus

Untersuchungen auf Clostridium perfringens

Untersuchungen auf koagulase-positive Staphylokokken

Campylobacter-Untersuchungen

Untersuchungen auf Viren

Untersuchungen auf Histamin

 

Mikrobiologische und molekularbiologische Lebensmitteluntersuchungen

Die Untersuchung von Lebensmitteln auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit ist eine wichtige Aufgabe der amtlichen Überwachung zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher. In Baden-Württemberg wird diese Aufgabe von den vier Chemischen und Veterinäruntersuchungsämtern in Freiburg, Karlsruhe, Sigmaringen und Stuttgart wahrgenommen.

 

Im Jahr 2022 erreichte die Kontrollaktivität der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden, trotz zum Teil weiterhin geltender Schutzmaßnahmen, wieder das vorpandemische Niveau. Die Laboratorien der Lebensmittelmikrobiologie der vier Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter untersuchten im dritten Jahr der Pandemie mit insgesamt 12905 Proben wieder so viele Proben wie vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Auf mikrobiologische Parameter untersucht wurden dabei 9691 Planproben und 3214 Anlassproben (Tabelle 1).

 

Aufgrund der Untersuchungsergebnisse wurden 1026 Planproben (10,6 %) und 518 Proben (16,1 %), die aus konkretem Anlass, zum Beispiel Verdacht auf Verderb, als Verbraucherbeschwerde oder als Erkrankungsprobe erhoben worden waren, beanstandet. Bei 710 Proben (5,5 %) wurde darüber hinaus auf mikrobiologische Mängel hingewiesen. 36 Proben (0,3 %) wurden als gesundheitsschädlich beurteilt. 251 Proben (1,9 %) waren aufgrund des mikrobiologischen Untersuchungsbefundes nicht zum menschlichen Verzehr geeignet. Die Ergebnisse der mikrobiologischen Untersuchungen wiesen bei 629 Proben (4,9 %) auf erhebliche Hygienemängel hin.

 

Tabelle 1: Anzahl der im Jahr 2022 in den Chemischen und Veterinäruntersuchungsämtern mikrobiologisch untersuchten und beanstandeten Lebensmittelproben
 
Proben, gesamt
Planproben
Anlassproben
Mikrobiologisch untersuchte Lebensmittel
12905
9691
3214
davon
beanstandet

1544 (12,0 %)

1026 (10,6 %)

518 (16,1 %)
bemängelt
710 (5,5 %)
513 (5,3 %)
197 (6,1 %)
Beanstandungsgründe:
 
 
 
gesundheitsschädlich
36 (0,3 %)
16 (0,2 %)
20 (0,6 %)
nicht zum Verzehr geeignet
251 (1,9 %)
48 (0,5 %)
203 (6,3 %)
Hygienemängel
629 (4,9 %)
320 (3,3 %)
309 (9,6 %)
Sonstige
691 (5,4 %)
593 (6,1 %)
98 (3,0 %)

 

Krankmachenden Lebensmittelkeimen auf der Spur

Lebensmittelproben, die aufgrund einer Erkrankung erhoben wurden, werden für Baden-Württemberg zentral im Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart mikrobiologisch untersucht. Im Jahr 2022 wurden in Zusammenhang mit mutmaßlich lebensmittelbedingten Erkrankungen 765 Erkrankungsproben zu 297 Erkrankungsgeschehen bearbeitet. Einzel- und Gruppenerkrankungen wurden gemeldet. Ein Vergleich der Anzahl der mutmaßlich lebensmittelbedingten Erkrankungsfälle über die Jahre 2012 bis 2019 deutet auf einen abnehmenden Trend hin (Tabelle 2). Im ersten und zweiten Jahr der Coronapandemie wurden deutlich weniger mutmaßlich lebensmittelbedingte Erkrankungen bekannt und folglich deutlich weniger Erkrankungsproben erhoben als in den Jahren zuvor. Im Jahr 2022 erholte sich die Gesellschaft zunehmend von den pandemiebedingten Einschränkungen. Gastronomiebetriebe und Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung durften wieder öffnen, auch durften wieder größere Feste mit vielen Gästen stattfinden. Die Anzahl mutmaßlich lebensmittelbedingter Erkrankungsfälle erhöhte sich in der Folge auf das Niveau der Vorpandemiejahre. Die Anzahl meldepflichtiger gastrointestinaler Infektionen war laut Statistiken des Robert-Koch-Institutes [1, 2] in beiden ersten Pandemiejahren bundesweit ebenfalls deutlich geringer als zuvor und stieg 2022, insbesondere bezüglich der Virusgastroenteritiden, wieder an [3]. Auch die Fälle von Atemwegserkrankungen, allerdings nicht lebensmittelbedingt, nahmen rapide zu [4].

 

Tabelle 2: Im Zusammenhang mit lebensmittelbedingten Erkrankungen eingesandte Proben
Jahr
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
2019
2020
2021
2022
Anzahl
Erkrankungsausbrüche
325
353
350
323
367
295
293
290
204
165
297
Anzahl
Erkrankungsproben
1327
1563
1339
1261
1446
1437
1228
1288
693
567
765

 

Aufgrund mikrobieller Kontamination wurden 36 Lebensmittelproben (20 Erkrankungsproben und andere Anlassproben, 16 Planproben) von den Untersuchungsämtern als gesundheitsschädlich beurteilt. Dieser Anteil von 0,3 %, bezogen auf die Gesamtmenge mikrobiologisch untersuchter Proben, war 2022 höher als in den vorausgegangenen Jahren. In den betreffenden Proben waren die Lebensmittelinfektionserreger Salmonella spp., Listeria monocytogenes und verotoxinbildende Escherichia coli (VTEC) oder die Lebensmittelintoxikationserreger Staphylococcus aureus und Bacillus cereus einschließlich derer gesundheitsschädlicher Gifte (Staphylokokken-Enterotoxin, Cereulid-Toxin) in einer gesundheitsschädigenden Keimmenge bzw. Konzentration im verzehrfertigen Lebensmittel nachgewiesen worden. In 3 Proben davon wurden im verzehrfertigen Lebensmittel durch mikrobiellen Verderb erzeugte toxische Eiweißabbauprodukte (Histamin) in einer gesundheitsschädigenden Konzentration nachgewiesen.

 

Rohe, nicht verzehrfertige Lebensmittel konnten hingegen formal nicht als gesundheitsschädlich beurteilt werden, obwohl sie Krankheitserreger enthielten, sie wurden lediglich bemängelt. Diese Lebensmittel waren laut Kennzeichnung oder nach allgemeiner Verkehrsauffassung zum Verzehr in gegartem Zustand bestimmt. In der dargestellten Statistik erscheinen diese Lebensmittel daher nicht, die Fälle werden jedoch in den nachfolgenden Kapiteln aufgeführt. Alle als gesundheitsschädlich beurteilten Lebensmittel sind in Tabelle 3 aufgeführt, die Grafik zeigt das anteilmäßige Vorkommen der Erreger.

 

Tabelle 3: Lebensmittel, die 2022 als gesundheitsschädlich beurteilt wurden
Gesundheitsschädliches Agens Betroffene Lebensmittel
Anzahl Proben
Salmonellen Tahini
11
Salmonellen Halva
5
Salmonellen Hühnereier
2
Salmonellen Schwarzer Pfeffer
1
Salmonellen Frühlingszwiebeln, roh, verzehrfertig
1
Salmonellen Pilze, roh, verzehrfertig
1
Salmonellen, L. monocytogenes Salami
1
L. monocytogenes gekochte Nudeln
2
L. monocytogenes geräuchertes Forellenfilet
1
L. monocytogenes geräucherter Heilbutt
1
VTEC/STEC, L. monocytogenes Rinderhackfleisch
1
VTEC/STEC Salami
1
VTEC/STEC Roter Kopfsalat
1
Histamin Thunfischfleisch aus Konserve, offen
3
Bacillus cereus Champignons, gebraten
1
Staphylococcus aureus und Enterotoxin Nudeln
2
Staphylococcus aureus und Enterotoxin Ziegenweichkäse
1

 

Grafik: Anzahl gesundheitsschädlicher Lebensmittel mit mikrobieller Ursache, aufgeschlüsselt nach Krankheitserregern bzw. gesundheitsschädliche Agenzien.

Grafik: Anzahl gesundheitsschädlicher Lebensmittel mit mikrobieller Ursache, aufgeschlüsselt nach Krankheitserregern bzw. gesundheitsschädlichen Agenzien

 

Salmonellen-Untersuchungen

Eine Lebensmittelinfektion durch Salmonellen führt in der Regel 12 bis 36 Stunden nach dem Verzehr des kontaminierten Lebensmittels zu Krankheitssymptomen wie Kopfschmerzen, Unwohlsein, Erbrechen, Bauchschmerzen, Fieber und Durchfall. Bei Kleinkindern und alten Menschen ist der Krankheitsverlauf am schwersten.

 

Abb. 1: Einwiegen der Probe für die mikrobiologische Untersuchung.

Abb. 1: Einwiegen der Probe für die mikrobiologische Untersuchung

 

Salmonellen-Untersuchungen in Baden-Württemberg

7874 Lebensmittelproben wurden im Jahr 2022 von den vier Chemischen und Veterinäruntersuchungsämtern auf Salmonellen untersucht. In 62 Proben (0,8 %) wurden Salmonellen nachgewiesen. Darüber hinaus wurden 21 Isolate, die bei Eigenkontrollen verantwortlicher Unternehmen aus Lebensmitteln isoliert worden waren, serologisch und molekularbiologisch mittels Next Generation Sequencing (NGS) typisiert. Salmonellen wurden am häufigsten in rohem Geflügelfleisch (33 von 484 = 6,8 % aller Geflügelfleischproben) nachgewiesen; auch die eingesandten Eigenkontrollisolate stammten überwiegend aus rohen Geflügelfleischerzeugnissen. Salmonellen wurden in je einer Probe von Wildschweinefleisch, Drehspieß, Brät, Hamburger, Mehl und Hefeteig und in einem Fall auf der Schale, in einem weiteren Fall sowohl auf der Schale als auch im Dotter von Hühnereiern nachgewiesen. Salmonellen waren auch in unmittelbar zum Verzehr bestimmten Lebensmitteln nachweisbar: 5 Proben Halva und 11 Proben Tahini, je eine Probe Pilze und Frühlingszwiebeln. Die nachgewiesenen Salmonellen wurden serologisch und molekularbiologisch mittels NGS differenziert. Dabei war das Salmonella-Serovar Salmonella Infantis (19 Nachweise) vorherrschend, deutlich weniger Nachweise erfolgten für die bekannten Serovare Salmonella Enteritidis (8 Nachweise) und Salmonella Typhimurium (10 Nachweise). Auffallend ist die Vielzahl unterschiedlicher Serovare, die wenige Male auftraten: Salmonella Agona, Amsterdam, Bardo, Chester, Coeln, Derby, Havana, Kintambo, Kottbus, Mbandaka, Newport, Orion, Paratyphi, Senftenberg, und Virchow. Der weltweite Handel mit Lebensmitteln trägt zur weltweiten Verbreitung der Serovare bei.

 

Salmonellen in verzehrfertigen Lebensmitteln

Salmonellen sind Zoonoseerreger, die von Menschen und Tieren ausgeschieden werden, auf Lebensmittel tierischer und pflanzlicher Herkunft gelangen und schwere Lebensmittelinfektionen hervorrufen können. Der Nachweis von Salmonellen in rohem Geflügelfleisch und in Hefeteig zeigt, wie wichtig vollständiges Durchgaren vor dem Verzehr und gute Küchenhygiene sind, um Kreuzkontaminationen bei der Zubereitung in der Küche zu vermeiden. Auf Naschen von rohem Teig sollte daher besser verzichtet werden. Während bei rohem Fleisch durch Braten die Salmonellengefahr gebannt werden kann, fehlt ein solcher Zubereitungsschritt bei verzehrfertigen Lebensmitteln.

 

22 Proben von Lebensmitteln, die nach der Verkehrsauffassung und Üblichkeit verzehrfertig sind oder bei denen ein Rohverzehr aufgrund üblicher Verwendung nicht auszuschließen ist, wurde wegen Salmonellennachweis als gesundheitsschädlich beurteilt (Tabelle 3).

 

Abb. 2: Beimpfen des selektiven Anreicherungsmediums für Salmonellen.

Abb. 2: Beimpfen des selektiven Anreicherungsmediums für Salmonellen

 

Salmonellen-Salami

Salmonellen sind nicht sehr empfindlich und können in seltenen Fällen gar die Säuerung und Abtrocknung während der Rohwurstreifung überstehen. Großmutter und Enkelkind erkrankten nach Verzehr von Salami an Salmonellose mit Fieber, Durchfall und Erbrechen. Das Zentrallabor für Erkrankungsproben am CVUA Stuttgart wies in der Salamiprobe Salmonella Typhimurium nach.

 

Seltene Salmonellen Suppe

In der Spezialitätengastronomie erfordert die Zubereitung von Speisen für viele Personen mit frischen Zutaten pflanzlicher und tierischer Herkunft besonders sorgfältige Hygienemaßnahmen, um Keimverschleppung und Kreuzkontamination zu vermeiden. Leider führt große Eile zuweilen zu folgenreichen Fehlern. In Baden-Württemberg traten mehrere Salmonellose-Erkrankungen vor allem bei jungen Frauen auf, identifiziert wurden die seltenen Serovare Salmonella Mbandaka und Salmonella Chester, epidemiologische Nachforschungen führten zu einem asiatischen Restaurant als vermutetem Ursprung der Infektionen. 13 Proben frischer und vorgegarter Zutaten, die für die Zubereitung von Ramen vorgesehen waren, wurden als Proben erhoben. Das Zentrallabor für Erkrankungs-proben am CVUA Stuttgart wies in den bereits klein geschnittenen Frühlingszwiebeln und Kikuragepilzen die selten vorkommenden Serovare Salmonella Chester und Salmonella Mbandaka nach.

 

Abb. 3: Sonder-Probe Halva mit Pistazien.

Abb. 3: Sonder-Probe Halva mit Pistazien

 

Salmonellen-Sonderprogramm Halva und Tahini

Weltweites Salmonellose-Ausbruchsgeschehen bei Kindern meldete die EFSA (European Food Safety Authority) Ende 2021 [5], als Ursache wurden syrische Sesamerzeugnisse Halva und Tahini vermutet. Das Schnellwarnsystem der EU warnte vor mehreren Erzeugnissen. Im Rahmen eines Sonderprogrammes im Jahre 2022 untersuchten die Untersuchungsämter 69 Proben Halva und 60 Proben Tahini vorzugsweise syrischer Herkunft [6]. 11 Tahini- und 5 Halvaproben waren salmonellenpositiv. Identifiziert wurden die Serotypen Salmonella Amsterdam und Senftenberg, Havana, Kintambo und Orion. Die Lebensmittelüberwachungsbehörden veranlassten den öffentlichen Rückruf der betroffenen Ware. Im Nachgang wurden die NGS-Daten dieser Isolate, die im CVUA Stuttgart und CVUA Freiburg nachgewiesen wurden, in die gesamteuropäische EFSA One Health WGS Datenbank hochgeladen, um so die EFSA bei ihren Ausbruchsermittlungen zu unterstützen.

 

Untersuchungen auf EHEC-Infektionserreger

EHEC-Infektionen werden durch Bakterien der Spezies Escherichia coli verursacht, welche spezielle Toxine bilden können. Sie gehören zur Gruppe der verotoxinbildenden E. coli (VTEC) bzw. Shiga-Toxin-bildenden E. coli (STEC). VTEC sind grundsätzlich als potentielle EHEC (enterohämorrhagische Escherichia coli) anzusehen, die sehr schwere Humanerkrankungen auslösen können. Mit Keimzahlen von unter 100 koloniebildenden Einheiten (KbE) ist die Infektionsdosis sehr gering. Manche VTEC-Infektionen verlaufen symptomlos und bleiben daher unerkannt, die Infizierten können aber Keime ausscheiden. Etwa ein Drittel der Erkrankungen manifestiert sich als Durchfall mit Übelkeit, Erbrechen und zunehmenden Bauchschmerzen. Entwickeln können sich daraus schwere Verlaufsformen mit hämorrhagischer Enterokolitis (blutige Darmentzündung), starken Bauchschmerzen, blutigem Stuhl und häufig auch Fieber. Säuglinge, Kleinkinder, alte Menschen und immungeschwächte Personen erkranken besonders schwer. Als schwerwiegendste Komplikation entwickelt sich das lebensgefährliche hämolytisch-urämische Syndrom (HUS), das irreversibles Nierenversagen zur Folge haben kann.

 

Wiederkäuer, vor allem Rinder, Schafe und Ziegen, aber auch Wildwiederkäuer (Rehe und Hirsche) werden als das Hauptreservoir für VTEC angesehen. Sie scheiden die verotoxinbildenden E. coli mit dem Kot aus, ohne selbst zu erkranken.

 

Abb. 4: VTEC auf Selektivagar.

Abb. 4: VTEC auf Selektivagar

 

VTEC-Untersuchungen in Baden-Württemberg

529 Lebensmittelproben wurden 2022 von den vier Chemischen und Veterinäruntersuchungsämtern auf VTEC untersucht. Der Nachweis von VTEC aus Lebensmitteln umfasst eine aufwändige Kombination von klassisch-kulturellen und molekularbiologischen Untersuchungsverfahren. Die Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter wiesen im Jahr 2022 VTEC in 13 Proben nach. Dabei handelte es sich überwiegend um Lebensmittel tierischen Ursprungs, betroffen waren vor allem rohes Rind-, Wild- und Hackfleisch, ein Hamburger und ein Lammgrillspieß, jeweils zum Braten bzw. Grillen bestimmt, sowie Rohmilch.

 

VTEC in verzehrfertigen Lebensmitteln

Hamburger und Grillspieß sollten von Konsumenten oder Gastronomiepersonal vor dem Verzehr bestimmungsgemäß gut durchgebraten oder gegrillt und die VTEC-Keime damit unschädlich gemacht werden. Hackfleisch dagegen wird regional auch gerne roh verzehrt, appetitlich hergerichtet mit Ei und Zwiebeln.

Eine Rinderhackfleischprobe mit VTEC-Nachweis war für den Rohverzehr bestimmt und wurde daher als gesundheitsschädlich beurteilt. Ein weiteres Rinderhackfleisch war mit dem eindeutigen Hinweis gekennzeichnet "Vor dem Verzehr vollständig durchzuerhitzen! Dieses Fleisch ist nicht zum Rohverzehr geeignet!", folglich trotz VTEC-Nachweis verkehrsfähig. Aber auch pflanzliche Lebensmittel können mit Pathogenen kontaminiert sein. In einem roten Kopfsalat wurde VTEC nachgewiesen, dieses Lebensmittel ist daher gesundheitsschädlich.

 

Abb. 5: Arbeiten im S3**-Labor zum Nachweis hochpathogener Erreger.

Abb. 5: Arbeiten im S3**-Labor zum Nachweis hochpathogener Erreger

 

Rohmilch vor Verzehr abkochen!

Den geltenden veterinärhygienischen Vorschriften zufolge darf Rohmilch aus gesundheitlichen Gründen grundsätzlich gar nicht an Verbraucher abgegeben werden. Zwei Ausnahmen gibt es jedoch: „Vorzugsmilch“ mit besonders strengen Hygieneanforderungen an Gewinnung und Vermarktung und „Milch-ab-Hof“. Landwirte bieten Rohmilch als „Milch-ab-Hof“ immer häufiger in Milchautomaten zur Selbstbedienung an. Bei der Abgabe von Rohmilch ab Hof muss der Milcherzeuger allerdings deutlich darauf hinweisen, dass die Rohmilch vor dem Verzehr abzukochen ist. Milchliebhaber sollten sich unbedingt an diese Empfehlung halten! Die vier CVUA wiesen in 4 von 44 untersuchten Rohmilchproben pathogene verotoxinbildende Escherichia coli nach. In den 40 untersuchten Vorzugsmilchproben waren verotoxinbildende Escherichia coli nicht nachweisbar.

 

Rohmilch-Verzehr ohne vorheriges Abkochen kann vor allem für Kinder sehr gefährlich sein! Nach Rohmilchgenuss auf dem benachbarten Bauernhof musste ein Kind mit HUS stationär intensivmedizinisch behandelt werden. Das Zentrallabor für Erkrankungsproben am CVUA Stuttgart isolierte aus der Rohmilch-Sammelprobe des Milchkuhbestandes VTEC-Keime, konnte aber anhand der NGS Daten keine Übereinstimmung mit den vom Universitätsklinikum bereitgestellten Sequenzdaten des Patientenisolats finden.

 

Abb. 6: Bakterien-Identifizierung mit MALDI-TOF.

Abb. 6: Bakterien-Identifizierung mit MALDI-TOF

 

Listerien-Untersuchungen

Listeriose, die durch Listeria monocytogenes verursachte lebensmittelbedingte Erkrankung, ist zwar selten, verläuft jedoch mit sehr schwerer Symptomatik und hoher Letalität. Besonders gefährdet sind Schwangere, Immungeschwächte und ältere Menschen. Listeriose während der Schwangerschaft kann zu Aborten, Früh- oder Totgeburten oder zur Geburt schwerkranker Babys führen. Bei immungeschwächten Patienten kann die Listeriose mit sehr schweren Symptomen wie Sepsis (Blutvergiftung), Meningoenzephalitis (Gehirn- und Gehirnhautentzündung) und Endokarditis (Herzentzündung) einhergehen. Bei immunkompetenten erwachsenen Personen verläuft die Infektion dagegen meist symptomlos oder lediglich grippeähnlich.

 

Listeriose stellt keine Zoonose, also eine von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheit, im klassischen Sinne dar, obwohl auch Nutztiere erkranken und den Keim ausscheiden können. Eher könnte die Listeriose als „Sapronose“, als „Schmutzkrankheit“ bezeichnet werden. Menschen infizieren sich durch den Verzehr kontaminierter Lebensmittel.

 

Bakterien der Spezies Listeria monocytogenes sind hinsichtlich ihrer Nährstoffansprüche äußerst genügsam, anpassungsfähig an vielfältige Umweltbedingungen und besitzen eine erstaunliche Resistenz gegenüber unterschiedlichsten Stressfaktoren. Listeria monocytogenes kann sich sogar bei Kühlschranktemperaturen vermehren. Ausgestattet mit diesen Fähigkeiten findet Listeria monocytogenes samt ihren Gattungsverwandten überall in der Umwelt Lebens- und Überlebensmöglichkeiten. Für Lebensmittelbetriebe stellen Listerien eine große Herausforderung dar. In vielen Betrieben existieren zahlreiche geeignete „Biotope“, in denen sich die Keime festsetzen, vermehren, hartnäckig Reinigungsmaßnahmen widerstehen und so zur dauerhaften Kontaminationsquelle werden können.

 

Abb. 7 a: Ausstreichen des Anreicherungsmediums für Listerien.

Abb. 7 a: Ausstreichen des Anreicherungsmediums für Listerien

 

Das Lebensmittelhygienerecht der europäischen Union gibt für diesen Lebensmittelinfektionserreger detaillierte Sicherheitsvorschriften vor. Lebensmittelbetriebe haben die Einhaltung dieser Sicherheitskriterien durch Eigenuntersuchungen nachzuweisen. Umgebungsuntersuchungen sind durchzuführen, um Kontaminationsquellen im Betrieb aufzudecken. Die Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 [7] legt bei verzehrfertigen Lebensmitteln als Sicherheitskriterium für Listeria monocytogenes einen oberen Grenzwert von 100 koloniebildende Einheiten pro Gramm Lebensmittel (KbE/g) fest, Lebensmittel mit Keimgehalten über 100 KbE/g gelten als gesundheitsschädlich. Für verzehrfertige Lebensmittel, die die Vermehrung des Erregers begünstigen, gilt die Nulltoleranz: Kein Nachweis in 25 g vor Verlassen des Herstellerbetriebes. Der Hersteller kann alternativ, zum Beispiel durch sogenannte Challengetests, beweisen, dass die Sicherheit während der Haltbarkeitsdauer gewährleistet ist.

 

Abb. 7 b: Ausstreichen des Anreicherungsmediums für Listerien.

Abb. 7 b: Ausstreichen des Anreicherungsmediums für Listerien

 

Listerien-Untersuchungen in Baden-Württemberg

Die Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter untersuchten im Berichtsjahr 8723 Lebensmittelproben und 551 Hygienetupfer aus Lebensmittelbetrieben auf Listerien. Listeria monocytogenes wurde in 798 Lebensmittelproben und 143 Hygienetupfern aus Lebensmittelbetrieben qualitativ mittels Anreicherung nachgewiesen. Dazu werden von dem Lebensmittel 25 Gramm entnommen und in speziellen Anreicherungsmedien über mehrere Stufen so inkubiert, dass auch vereinzelte Keime noch gefunden werden. Hygienetupfer werden gänzlich in das Anreicherungsmedium überführt. Diese Proben mit geringen Keimzahlen von L. monocytogenes, die sich nur qualitativ nachweisen lassen, gelten zwar noch nicht als gesundheitsschädlich, der Nachweis zeigt jedoch ein erhebliches hygienisches Problem im verantwortlichen Lebensmittelbetrieb auf. Bei einigen Lebensmitteln ist zudem eine Vermehrung von L. monocytogenes innerhalb der Haltbarkeitsfrist in der vorverpackten Ware zu befürchten. In 20 Proben war L. monocytogenes in zählbarer Menge (quantitativ) nachweisbar, die Keimzahl lag bei diesen Proben bei mindestens 10 KbE/g. L. monocytogenes wurde in rohem Fleisch, rohen Fleischzubereitungen- und Fischereierzeugnissen, die dafür bestimmt waren, vor Verzehr gegart zu werden, nachgewiesen, jedoch auch in verzehrfertigen Fleischerzeugnissen (282 Proben mit qualitativem Nachweis, 7 Proben mit Keimzahlen von mindestens 10 KbE/g) und in verzehrfertigen Fischereierzeugnissen (184 Proben mit qualitativem Nachweis, 3 Proben mit Keimzahlen von mindestens 10 KbE/g) nachgewiesen.
L. monocytogenes wurde auch in 5 Käseproben, 17 Fertiggerichten, 24 Feinkostsalaten und 34 pflanzlichen Erzeugnissen nachgewiesen. Eine Gefahr für den Menschen stellen diejenigen mit L. monocytogenes kontaminierten Lebensmittel dar, die vor dem Verzehr üblicherweise nicht durcherhitzt werden. Im Berichtsjahr wurden 6 verzehrfertige Lebensmittel und Speisen als gesundheitsschädlich beurteilt, weil L. monocytogenes in einer Konzentration von über 100 KbE/g im verzehrfertigen Produkt nachgewiesen wurde (siehe Tabelle 3). Dabei war eine dieser Proben zugleich mit Salmonellen, eine zweite mit VTEC kontaminiert. In 3 Proben Hackfleisch, auch zum Rohverzehr, 2 Rohwürsten und einer Probe Räucherlachs wurde L. monocytogenes quantitativ zwar nur in Konzentrationen unter 100 KbE/g nachgewiesen, Untersuchungen des Zentrallabors für Erkrankungsproben deuten jedoch darauf hin, dass Listeriose bei abwehrgeschwächten Personen durch Lebensmittel mit Keimzahlen auch unter 100 KbE/g verursacht werden kann [8].
Alle Listeria monocytogenes-Isolate werden in Baden-Württemberg molekularbiologisch mittels NGS analysiert, um entsprechende Abgleiche mit regionalen und nationalen Datenbanken vorzunehmen und Probleme frühzeitig zu erkennen.

 

Abb. 8: Listeria monocytogenes auf Selektivagar.

Abb. 8: Listeria monocytogenes auf Selektivagar

 

Listeria monocytogenes in Lebensmitteln und Lebensmittelbetrieben – unterschätztes oder übertriebenes Risiko?

Auch im Jahr 2022 erschienen die Untersuchungsergebnisse auf den ersten Blick nicht besorgniserregend: 8723 Lebensmittelproben wurden auf Listerien untersucht, davon 6 wegen Listeria monocytogenes als gesundheitsschädlich beurteilt. Die besondere Bedeutung von Listeria monocytogenes für die Zoonose-Überwachung rührt allerdings weniger von der Häufigkeit als von der Schwere der Krankheitsfälle her. Bei etwa einem Drittel der gemeldeten Erkrankungen kommt es zur Sepsis oder Meningoenzephalitis, die Letalität lag 2020 bei 5 % (BfR, 2021) [9]. Angesichts der immer älter werdenden Bevölkerung und des steigenden Anteils immundefizitärer Personen (Immunsuppression, Chemotherapie!) ist ein Anstieg klinisch relevanter Listeriose-Erkrankungen zu befürchten. Der qualitative Nachweis von Listeria monocytogenes in 798 Lebensmittelproben im Jahr 2022 zeigt, dass in vielen Betrieben ein erhebliches Hygienerisiko vorhanden ist. Die Keime leben und vermehren sich in ihren „Biotopen“ im Lebensmittelbetrieb, oft in der Reinigung nicht gut zugänglichen Bereichen. Von dort geraten sie diskontinuierlich in Lebensmittel, zwar meist nur in geringer Zahl, je nach Art des Lebensmittels jedoch mit dem gewaltigen Potential zur Vermehrung. Listerien vermehren sich zwar langsam aber stetig auch bei Kühltemperaturen, so dass in einzelnen Packungen im Laufe der Lagerung dann gesundheitlich bedenkliche Keimzahlen erreicht werden können.

 

Abb. 9: Beimpfen von Nährböden für quantitativen Nachweis von Bakterien.

Abb. 9: Beimpfen von Nährböden für quantitativen Nachweis von Bakterien

 

Rösti mit Räucherlachs Ursache der Listeriose?

Erst neun Tage später beschwerte sich der Verbraucher bei der zuständigen Lebensmittelüberwachung, nach Verzehr von Rösti mit Räucherlachs in einem Café seien Ehefrau und er an langanhaltendem Durchfall mit Bauchschmerzen erkrankt, die Ehefrau wurde gar mehrtätig stationär behandelt. Reste der verzehrten Speise waren nicht mehr vorhanden. Die Lebensmittelüberwachungsbehörde erhob als Vergleichsprobe in der verantwortlichen Gaststätte tiefgefroren vorrätig gehaltenen originalverpackten Räucherlachs. Das Zentrallabor für lebensmittelbedingte Erkrankungen des CVUA Stuttgart wies in der Probe Listeria monocytogenes qualitativ in 25 g nach, das Lebensmittel war somit zwar nicht gesundheitsschädlich, der Nachweis zeigt jedoch, dass mikrobiologische Sicherheitskriterien nicht eingehalten wurden. Leider war in der Klinik keine mikrobiologische Diagnostik erfolgt, so konnte nicht geklärt werden, ob der gefundene Erreger tatsächlich die Ursache der Erkrankung des Ehepaares war.

 

Abb. 10: feste und flüssige Nährmedien im Brutschrank.

Abb. 10: feste und flüssige Nährmedien im Brutschrank

 

Untersuchungen auf Bacillus cereus

Bacillus cereus ist ein weit verbreiteter Umweltkeim. Die Sporen, sehr stabile Überdauerungsformen dieser Mikroorganismen, finden sich überall im Boden, im Staub, im Darmtrakt von Menschen und Tieren und gelangen durch Umweltkontaminationen in Lebensmittel. B. cereus ist ein potentieller Lebensmittelvergifter, er bildet das sehr hitzestabile emetische Toxin Cereulid, welches Übelkeit und Erbrechen hervorruft, und Enterotoxine, die Durchfall verursachen.

 

Abb. 11: Kolonien von Bacillus cereus auf Blutagar.

Abb. 11: Kolonien von Bacillus cereus auf Blutagar

 

Untersuchungen auf Bacillus cereus und Cereulid in Baden-Württemberg

2022 wurden 5493 Lebensmittelproben auf Bacillus cereus untersucht, in 349 Proben (6,4 %) wurde dieser Umweltkeim nachgewiesen, in der Regel jedoch in gesundheitlich unbedenklicher Menge. Zur Auslösung einer Lebensmittelvergiftung durch B. cereus sind laut Literaturangaben Mindestkeimgehalte von 105 und 106 KbE/g Lebensmittel erforderlich. Von der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) wird als B. cereus-Warnwert für viele Lebensmittel eine Menge von 104 KbE/g angegeben. Der Verzehr von hochgradig mit Bacillus cereus belasteten Lebensmitteln kann auf zwei verschiedenen Wegen Krankheitssymptome hervorrufen: Aufgrund des im Lebensmittel während der Vermehrung des Keimes gebildeten emetischen Toxins kommt es 0,5 bis 6 Stunden nach dem Verzehr zu Übelkeit und Erbrechen. Oder es treten Durchfälle 6 bis 24 Stunden nach Verzehr auf, weil der Erreger bei seiner Vermehrung im Darm Enterotoxine bildet. Bei durcherhitzten Lebensmitteln bietet der mittels LC-MS/MS durchgeführte Nachweis des emetischen B. cereus-Toxins (Cereulid) die Möglichkeit, die Ursache einer Erkrankung aufzuklären. Dieses Toxin ist hitzestabil, während die toxinbildenden vegetativen B. cereus-Keime durch den Erhitzungsvorgang abgetötet werden und kulturell nicht mehr nachzuweisen sind. 2022 wurden98 verdächtige Lebensmittel, insbesondere verzehrfertig zubereitete Speisen, auf Cereulid untersucht.

 

Pilzintoxikation auf bakterielle Art

Lecker Schnitzelessen und freundschaftliches Plaudern in gemütlicher Gaststättenatmosphäre: Das harmlose Feierabendvergnügen hatte für den Gast unangenehme Folgen. Zwölf Stunden nach Verzehr des Champignonrahm-Schnitzels erlitt er mit krampfartigen Bauchschmerzen und heftigem Durchfall die typischen Folgen der Toxiinfektion. Das Zentrallabor für Erkrankungsproben am CVUA Stuttgart wies in der Probe angeblich „frisch gebratener“ Champignons Bacillus cereus in einer Keimkonzentration von 1,2x10KbE/g nach. Der verantwortliche Gaststättenbetreiber gab auf intensives Nachfragen der Lebensmittelüberwachungsbehörde zu, seine Pilze anzubraten und dann bis zur Verwendung warmzuhalten. Offensichtlich hatten die Sporenbildner somit genügend Zeit und passende Wärme, um auszukeimen und sich zu vermehren. Ein direkter epidemiologischer Zusammenhang zwischen dem Verzehr des Gerichtes und den Erkrankungen war offenbar, die Probe wurde als gesundheitsschädlich beurteilt. Mit besseren küchentechnischen Kenntnissen könnten solch schwerwiegende Fehler beim Vorbereiten der Speisen vermieden werden! Ob weitere Gäste erkrankten, ihren Durchfall aber diskret zu Hause auskurierten, ist nicht bekannt.

 

Abb. 12: Arbeiten im mikrobiologischen Labor.

Abb. 12: Arbeiten im mikrobiologischen Labor

 

Untersuchungen auf Clostridium perfringens

Clostridium perfringens ist wie Bacillus cereus ein überall in der Umwelt vorkommender Keim und potentieller Lebensmittelvergifter, im Gegensatz zu den Bacillus spp. wächst C. perfringens allerdings ohne Sauerstoff (anaerob). Ihre enorm widerstandsfähigen Sporen finden sich in Fäkalien, Staub, Erdboden, Abwasser und können von dort aus Lebensmittel kontaminieren.

 

Bakteriensporen sind hitzestabil, Kochtemperaturen reichen zur Inaktivierung nicht aus! Das aktive C. perfringens-Enterotoxin entsteht erst im Dünndarm der betroffenen Personen, zu Erkrankungen kommt es nach Aufnahme von106 bis 10Keimen pro Gramm Lebensmittel. Solche Toxiinfektionen ereignen sich immer wieder im Rahmen der Gemeinschaftsverpflegung, bei der große Essensportionen zubereitet und längere Zeit in Thermophoren warmgehalten werden. Ungenügend heißes und zu langes Warmhalten von Speisen fördert das Auskeimen der Sporen und die rasche Vermehrung dieser Toxinbildner. Heißhaltung der Speisen bei über +60 °C gewährleistet die mikrobiologische Sicherheit [10]..

 

Clostridium perfringens-Untersuchungen in Baden-Württemberg

4214 Proben wurden im Jahr 2022 auf Clostridium perfringens untersucht. Der Krankheitserreger wurde in 21 Lebensmittelproben, verschiedenen Fleischerzeugnissen, Teigwaren, Mehl und Gewürzen in geringer Konzentration nachgewiesen. In verzehrfertigen Speisen könnten sich die Erreger bei ungenügender Kühlung oder ungenügender Heißhaltung rasch bis zu gesundheitlich bedenklichen Keimzahlen vermehren

 

Abb. 13: Clostridium perfringens wächst anaerob mit Sulfitreduzierung und Gasbildung.

Abb. 13: Clostridium perfringens wächst anaerob mit Sulfitreduzierung und Gasbildung

 

Untersuchungen auf koagulase-positive Staphylokokken

Staphylococcus aureus, der bedeutendste Vertreter koagulase-positiver Staphylokokken, ist ein potentieller Lebensmittel-Intoxikationserreger. Staphylokokken-Enterotoxine, gesundheitsschädliche Gifte dieses Keimes, können ab einer Keimkonzentration von 105 bis 10KbE/g im Lebensmittel gebildet werden. Typisch für eine Staphylokokken-Intoxikation sind mit Erbrechen einhergehende, massive Kreislaufbeschwerden. Diese treten in der Regel etwa eine halbe Stunde bis drei Stunden nach dem Verzehr kontaminierter Lebensmittel auf.

 

Ein hoher Gehalt an Staphylococcus aureus im Lebensmittel zeigt Hygienefehler bei der Herstellung und Behandlung an. S. aureus besiedelt den Nasen-Rachen-Raum, Haut und Schleimhäute, ist jedoch auch Erreger eitriger Entzündungen bei Mensch und Tier. Werden Lebensmittel infolge mangelhafter Personalhygiene mit toxinbildenden Staphylokokken kontaminiert und unsachgemäß gelagert, können sich Staphylokokken massenhaft vermehren und währenddessen Enterotoxine bilden. Die von Staphylokokken gebildeten Toxine sind hitzestabil. Sie werden durch das Erhitzen des Lebensmittels nicht inaktiviert.

 

Abb. 14: Identifizierung gefährlicher Pathogener in der Sterilen Werkbank.

Abb. 14: Identifizierung gefährlicher Pathogener in der Sterilen Werkbank

 

Staphylococcus aureus-Untersuchungen in Baden-Württemberg

Im Jahr 2022 wurden 7893 Lebensmittelproben auf Staphylococcus aureus untersucht. In 113 Proben wurde dieser Keim nachgewiesen. Bei 153 Erkrankungs- und Verdachtsproben wurden zudem Untersuchungen zum Nachweis der Staphylokokken-Enterotoxine durchgeführt. Dabei handelte es sich überwiegend um Reste der von erkrankten Personen verzehrten Speisen oder um Rückstellproben aus der Gemeinschaftsverpflegung. Das Toxin wurde in 3 Proben nachgewiesen.

 

Staphylokokken-Enterotoxin zum Vesper

Beim Einkauf auf dem lokalen Wochenmarkt werden besonders die handwerklich hergestellten und möglichst naturbelassenen Erzeugnisse aus der Region geschätzt. Nachdem sie auf dem Wochenmarkt Ziegenkäse gevespert hatten, klagten zwei Verbraucherinnen über Übelkeit und Erbrechen. Das Zentrallabor für Erkrankungsproben am CVUA Stuttgart wies im Ziegenkäse Staphylococcus aureus in erhöhten Keimzahlen und Stapyhlokokken-Enterotoxin nach. Staphylococcus aureus kann zwar als harmloser Bewohner von Haut und Schleimhaut auftreten, jedoch auch heftige eitrige Mastitis (Euterentzündung), eitrige Hautentzündungen oder andere eitrige Prozesse bei Mensch und Tier verursachen. Führte eine Staphylokokken-Mastitis der Milchziegen oder eine eitrige Wunde des Käsemeisters zur Kontamination? Das Veterinäramt klärte vor Ort auf und veranlasste die erforderliche Sanierung.

 

Abb. 15: Kolonien von Staphylococcus aureus mit typischer Hämolyse in Vedünnungstufen.

Abb. 15: Kolonien von Staphylococcus aureus mit typischer Hämolyse in Vedünnungstufen

 

Anreicherungsbrühe für Staphylokokken

Klassische Rinderbrühe. Die Zubereitung in der eigenen Küche ist zwar sehr zeitaufwendig, küchentechnisch eigentlich aber nicht allzu schwierig. Nach Verzehr selbst zubereiteter Rinderbrühe erkrankte ein Paar an Übelkeit und Erbrechen. Die an einer Fleischtheke erworbenen Rinderbeinscheiben im Verdacht, wendete sich das Paar an die zuständige Lebensmittelüberwachung. Das Zentrallabor für Erkrankungsproben am CVUA Stuttgart wies in der fertig zubereiteten Rinderbrühe Staphylococcus aureus in Keimzahlen von über 107 KbE/g, in den rohen Rinderbeinscheiben hingegen keine pathogenen Keime nach. Staphylococcus aureus ist ein häufiger Bewohner der menschlichen Haut und Schleimhaut. Durch Niesen oder direkten Hautkontakt gelangt der Keim ins Essen und kann sich darin vermehren. Offensichtlich diente die Rinderbrühe durch lange Standzeit in der Wärme der häuslichen Küche als Anreicherungsbrühe für Staphylokokken.

 

Campylobacter-Untersuchungen

Die Campylobacter-Enteritis ist nach Angaben des Robert-Koch-Institutes die häufigste bakterielle meldepflichtige Krankheit in Deutschland [8]. Die krankmachenden thermophilen Campylobacter-Keime C. jejuni, C. coli und C. lari werden meist mit rohen oder nicht vollständig gegarten Lebensmitteln aufgenommen. Bedeutendste Infektionsquellen sind Geflügelfleisch und Rohmilch. Nach einer Inkubationszeit von 2 bis 5 Tagen treten Fieber, Schmerzen und Durchfall auf, der bis zu einer Woche anhält. Leider gelingt es nicht immer, den Zusammenhang zwischen dem Verzehr eines bestimmten Lebensmittels und einer Campylobacter-Erkrankung nachzuweisen. Denn wenn erste Erkrankungssymptome auftreten, erinnert sich ein Patient oft nicht mehr an das vor Tagen verzehrte Lebensmittel, welches für eine Untersuchung höchstwahrscheinlich gar nicht mehr zur Verfügung stünde.

 

Campylobacter-Untersuchungen in Baden-Württemberg

Untersuchungen auf thermophile Campylobacter-Keime wurden im Jahr 2022 an 725 Lebensmitteln durchgeführt, in 106 Proben wurden die pathogenen Spezies Campylobacter jejuni und C. coli nachgewiesen. Die Mehrzahl der Campylobacter-Nachweise erfolgte in rohem Hähnchenfleisch (60 Proben). Außerdem wurde Campylobacter bei 4 Suppenhühnern, in 20 Proben von rohem Enten-, 7 Proben von rohem Puten- oder Gänsefleisch und jeweils wenigen Proben Schweine- und Lammfleisch nachgewiesen. Geflügelfleisch, insbesondere von Schlachthähnchen, gilt als wichtigste Eintragsquelle für Campylobacter in die Lebensmittelkette. Diese Untersuchungsbefunde zeigen erneut, wie wichtig das vollständige Garen dieser Lebensmittel und die Einhaltung einer guten Küchenhygiene sind. Bei einer bestimmungsgemäßen Behandlung durch vollständige Durcherhitzung, wie durch Kochen oder Braten, vor dem Verzehr der Lebensmittel werden Campylobacter-Keime mit Sicherheit abgetötet.

 

Abb. 16: thermophile Campylobacter auf Selektivagar im Inkubator mit spezifischer Atmosphäre.

Abb. 16: thermophile Campylobacter auf Selektivagar im Inkubator mit spezifischer Atmosphäre

 

Untersuchungen auf Viren

Noroviren und Rotaviren

Noroviren sind hochinfektiöse Erreger von Magen-Darm-Erkrankungen. Die Viren werden durch Tröpfcheninfektion, über kontaminierte Nahrung oder durch Schmierinfektion übertragen und führen nach einer kurzen Inkubationszeit von ca. 12 bis 48 Stunden zu den typischen Symptomen einer Norovirus-Erkrankung: Übelkeit und massives Erbrechen, begleitet von sehr starkem Durchfall und Bauchschmerzen. Infektionen mit Rotaviren verursachen ebenfalls massives Erbrechen und Übelkeit. Während Noroviren bei Menschen jeglichen Alters, besonders jedoch bei älteren Personen, zu schweren Infektionen führen, grassieren Rotavirus-Infektionen typischerweise in Kleinkindergruppen. Die Viren vermehren sich nicht in Lebensmitteln. Kontaminierte Speisen werden von ihnen als Vehikel genutzt, um in den menschlichen Körper zu gelangen, wo dann eine massive Vermehrung stattfindet.

 

Abb. 17: Molekularbiologische Untersuchung auf Noroviren.

Abb. 17: Molekularbiologische Untersuchung auf Noroviren

 

Beim schwallartigen Erbrechen werden massenhaft Viruspartikel frei, über Tröpfchen- und Schmierinfektion stecken sich schnell weitere Personen an und erkranken ebenfalls. Noroviren verfügen über eine sehr hohe Infektiosität, schon 10 bis 100 Viruspartikel sind ausreichend um Erkrankungen auszulösen. In Betreuungseinrichtungen wie Kindertagesstätten, Krankenhäusern oder Pflegeheimen führen Norovirus-Infektionen daher zu Gruppenerkrankungen mit einer großen Zahl von Erkrankten. Wie die meisten menschenpathogenen Viren werden auch Noroviren primär direkt von Mensch zu Mensch übertragen. Eine Infektion über kontaminierte Lebensmittel ist ebenfalls möglich. Dafür ist eine sehr geringe Anzahl an Viruspartikeln ausreichend, die im Lebensmittel nur schwer detektiert werden kann. Der Nachweis im Patientenstuhl, in dem die Viren nach erfolgter Infektion massenhaft ausgeschieden werden, gelingt dagegen sehr leicht.

 

Untersuchungen auf Noroviren in Baden-Württemberg

Im Jahr 2022 wurden 443 Lebensmittelproben und Hygienetupferproben, die im Zusammenhang mit Erkrankungsausbrüchen in Betreuungseinrichtungen und Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung erhoben worden waren, auf Noroviren untersucht. Noroviren waren in diesen Proben nicht nachweisbar.
43 Lebensmittel- und Hygienetupferproben aus Kinderbetreuungseinrichtungen wurden auf Rotaviren untersucht, Rotaviren waren in diesen Proben nicht nachweisbar.

 

Abb. 18: Thermocycler zum Nachweis von Viren mittels real-time-PCR.

Abb. 18: Thermocycler zum Nachweis von Viren mittels real-time-PCR

 

Hepatitis-A und E-Viren

Hepatitis-A-Viren verursachen akute Leberentzündungen, Infizierte scheiden die Viren mit dem Stuhl aus. Die Übertragung erfolgt fäkal-oral, durch kontaminierte Lebensmittel oder kontaminiertes Wasser. Hepatitis-E-Viren verursachen akute, bei immunsupprimierten Patienten auch chronische Leberentzündungen, häufiger verläuft die Infektion jedoch subklinisch. Haus- und Wildschweine bilden das Virusreservoir, Menschen infizieren sich durch Verzehr ungegarter Erzeugnisse aus dem Fleisch dieser Tiere. Im langjährigen Trend wird hierzulande bei Hepatitis-E eine deutliche Zunahme der Fallzahlen, bei Hepatitis-A hingegen eine Abnahme registriert [11].

 

Untersuchungen auf Hepatitis-Viren in Baden-Württemberg

Im Jahr 2022 wurden anlassbezogen 58 Lebensmittelproben auf Hepatitis-A- oder E-Viren untersucht, z. B. im Zusammenhang mit akuten Humanerkrankungen. Hepatitis-Viren waren nicht nachweisbar.

 

Abb. 18: Aufarbeitung von Leber zum Nachweis von Hepatitisviren.

Abb. 18: Aufarbeitung von Leber zum Nachweis von Hepatitisviren

 

Untersuchungen auf Histamin

Verdorbener Thunfisch aus geöffneten Konservendosen ist typischerweise Ursache der lebensmittelhygienisch relevanten Histamin-Intoxikation. Beim Verderb von Thunfischfleisch entstehen bakterielle Stoffwechselprodukte, die für Menschen toxisch sein können. Insbesondere gehört das biogene Amin Histamin dazu, welches durch Decarboxylierung der Aminosäure Histidin entsteht. Biogene Amine sind sehr hitzestabil und deren Toxizität bleibt auch nach dem Erhitzungsvorgang verunreinigter Lebensmittel erhalten. Der toxische Schwellenwert wird für gesunde Personen im Bereich von 100 mg angenommen. Die Symptome einer Histaminvergiftung sind typischerweise Mundbrennen, Hautrötungen und Kreislaufbeschwerden bis hin zum Kreislaufkollaps. Die ersten Symptome treten bereits wenige Minuten nach dem Verzehr des histaminhaltigen Lebensmittels auf.

 

Aufgrund hoher Histamingehalte wurden 3 Proben Thunfisch aus geöffneten Konserven, die in Gastronomiebetrieben entnommen worden waren, als gesundheitsschädlich beurteilt. Bei der mikrobiologischen und toxinanalytischen Untersuchung wurden in Verbindung mit einer jeweils sehr starken Keimbelastung sehr hohe Histamingehalte (bis zu 2000 mg/kg) nachgewiesen. Fischfleisch in Konserven ist aufgrund der Herstellung praktisch steril. Die starken Keimbelastungen und die daraus resultierenden hohen Histamingehalte werden nach dem Öffnen der Konservendose durch mikrobielle Kontamination des Thunfischfleischs und rasche Keimvermehrung infolge unsachgemäßer Behandlung und Lagerung verursacht.

 

Abb. 19: Thunfisch aus der Konserve in der Küche eines Dienstleistungsbetriebes.

Abb. 19: Thunfisch aus der Konserve in der Küche eines Dienstleistungsbetriebes

 

Toxisches Thunfischfleisch

Thunfischkonserven sind so praktisch für die Gastronomie! Nur Dose aufreißen und Thunfischfleisch verwenden, die Kunden mögen es, die Großpackung ist billig. Einfache Handhabung verführt offensichtlich zu Nachlässigkeit! Schon 30 Minuten nach Verzehr eines Gerichtes mit Thunfisch in einer Gaststätte erlitten 2 Personen Kopfschmerzen, Nesselsucht und Herzrasen. Das Zentrallabor für Erkrankungsproben am CVUA Stuttgart wies in dem Thunfischfleisch aus geöffneter Konserve, welches in der Küche der Gaststätte noch vorrätig war, verderbserregende Keime in sehr hohen Keimzahlen, das Toxinlabor des CVUA Stuttgart große Mengen an Histamin nach. Zwei weitere Personen erkrankten auch kurz nach Verzehr, allerdings eines anderen Gerichtes, an Kopfschmerzen, danach kam noch Übelkeit und Erbrechen hinzu. Eine größere, aber unbekannte Anzahl von Personen beschwerte sich ebenfalls bei der Lebensmittelüberwachung, was genau verzehrt worden war, konnte nicht mehr angegeben werden. Die erfahrenen Lebensmittelkontrolleure erhoben in den verantwortlichen Dienstleistungsbetrieben Proben von Thunfischfleisch, das dort unzureichend gekühlt gelagert wurde. Auch in diesen Proben wurden Verderbserreger in sehr hohen Keimzahlen und Histamin in sehr hoher Konzentration nachgewiesen. Immerhin war der Thunfisch nun konfisziert und weitere Gäste vor Erkrankung bewahrt.

 

Literatur

[1] Epidemiologisches Bulletin 1/2021, RKI, Berlin, 07.01.2021

[2] Epidemiologisches Bulletin 1/2022, RKI, Berlin, 06.01.2022

[3] Epidemiologisches Bulletin 1/2023, RKI, Berlin, 05.01.2023

[4] Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI) des RKI: Aktueller Wochenbericht und Berichte zu früheren Influenzasaisons

[5] Multi-country outbreak of multiple Salmonella enterica serotypes linked to imported sesame-based products | EFSA (europa.eu)

[6] Tahini und Halva – Gefahrenquellen für Salmonellenerkrankungen

[7] Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 der Kommission vom 15. November 2005 über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel (ABl. L 338/1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 2017/1495 vom 23. August 2017 (ABl. L 218/1)

[8] Listeria monocytogenes im Erkrankungszusammenhang in Baden-Württemberg/Rückblick auf die Jahre 2010–2019

[9] Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2020, RKI, Berlin, 01.03.2021

[10] Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) Nr. 037/2020 vom 27. August 2020

[11] Bundesgesundheitsbl. 2022 65: 149–158

 

Bildernachweis

CVUA Freiburg (Abbildung 16)

CVUA Stuttgart (übrige Abbildungen)

 

Artikel erstmals erschienen am 30.03.2023 07:10:27

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