Baden-Württemberg

Die Untersuchungsämter für Lebensmittelüberwachung und Tiergesundheit

Listeria monocytogenes – in Lebensmitteln nicht zu unterschätzen

Dr. Christine Wind (CVUA Freiburg), Dr. Jannika Fuchs (CVUA Karlsruhe) und Dr. Sabine Horlacher (CVUA Stuttgart)

 

Listeria monocytogenesListeria monocytogenes spielt als Krankheitserreger in der amtlichen Lebensmitteluntersuchung eine wichtige Rolle. Schnelle Nachweismethoden und zuverlässige Identifizierungstechniken sind dabei unerlässlich, um den Verbraucher vor kontaminierten Lebensmitteln zu schützen.

 

Listeria monocytogenes sind kleine stäbchenförmige Bakterien, die in der Umwelt weit verbreitet sind. Man kann sie sozusagen als Überlebenskünstler unter den Bakterien bezeichnen, denn sie können sich im Kühlschrank in vielen Lebensmitteln weiter vermehren und tolerieren auch gewisse Mengen an Kochsalz oder Säure.

 

Listeria monocytogenes kann unter anderem in Rohwürsten, Brühwurstaufschnitt, Räucherfisch, Käse sowie in pflanzlichen Lebensmitteln wie z.B. Kräutern oder vorzerkleinerten Blattsalaten und Obst vorkommen. Sie sind Verursacher der Listeriose, einer Infektionskrankheit des Menschen, die mit grippeähnlichen Symptomen, aber auch mit schweren gesundheitlichen Schäden einhergehen kann. Besonders anfällig sind alte oder immungeschwächte Menschen, Schwangere und kleine Kinder. So kann bei älteren oder immungeschwächten Personen eine Listeriose mit einer Entzündung von Gehirn und Hirnhäuten, mit Blutvergiftung und sogar mit tödlichem Schock auftreten. Bei Schwangeren kann es zu Fehl- oder Frühgeburten und Schädigungen des Neugeborenen kommen. Je nach körperlicher Verfassung kann die Sterblichkeit zwischen 7% und 36% betragen.

 

Risikolebensmittel, die besonders anfällige Verbraucher meiden sollten:

  1. rohes Hackfleisch (Hackepeter)
  2. Rohwürste (v.a. kurzgereifte Rohwürste wie Tee- oder Mettwurst)
  3. aufgeschnittene Brühwurst
  4. Räucherfisch (v.a. Räucherlachs)
  5. Rohmilchprodukte (v.a. Weichkäse aus Rohmilch)
  6. vorgeschnittene verpackte Blattsalate

 

Collage, verschiedene Lebensmittel

Alltäglich werden an den Chemischen und Veterinäruntersuchungsämtern in Baden-Württemberg die verschiedensten Lebensmittel auf das Vorkommen von Listerien, insbesondere auf krankmachende Listeria monocytogenes untersucht. Auch Proben aus dem Produktionsumfeld in Lebensmittelbetrieben werden überprüft, sogenannte Hygienetupfer. Dies ermöglicht eine frühzeitige Erkennung von Kontaminationsquellen für Lebensmittel.

 

Im Zeitraum vom 01.01.2018 bis 12.11.2019 wurden an den Chemischen und Veterinäruntersuchungsämtern in Baden-Württemberg 14.454 risikoorientiert geplante Lebensmittelproben, sogenannte Planproben, sowie ca. 1000 Hygienetupfer auf Listerien getestet. Listeria monocytogenes waren in 270 Planproben nachweisbar. Bei den Hygienetupfern im Rahmen der Umgebungsüberwachung von Betrieben waren die Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter 117mal fündig.

 

Darüber hinaus wurden Anlassproben, hierzu gehören Verdachts-, Beschwerdeproben und Proben, die im Zusammenhang mit einem Erkrankungsfall stehen, in Abhängigkeit des Vorberichts ebenfalls auf Listerien geprüft. Im letztgenannten Fall wurden über 80% dieser Erkrankungsproben auf Listerien untersucht (s. Infokasten-Tabelle). Dabei wurden Listeria monocytogenes in 9 Proben nachgewiesen, wobei zweimal sehr hohe Konzentrationen (600 KBE/g bzw. 3000 KBE/g; KbE=Koloniebildende Einheiten) in verzehrfertigen Lebensmitteln (aufgeschnittene Wurst, Trinkmilch) festgestellt wurden.

 

Häufig wurde Listeria monocytogenes in Wurstwaren und Räucherfischen gefunden. In solchen verzehrfertigen Lebensmitteln ist der Nachweis des Krankheitserregers besonders brisant, da bei diesen i.d.R. keine weiteren keimabtötenden Verfahren wie z.B. Kochen oder Braten angewendet werden. Weitere verzehrfertige Lebensmittel mit positivem Listeria monocytogenes Befund waren Feinkostsalate, Kräuter, vorzerkleinertes Gemüse und Obst, Käse und Fertiggerichte, wie belegte Brötchen.

 

Der positive Nachweis von Listeria monocytogenes bedeutet für die amtliche Lebensmittelüberwachung immer erhöhte Aufmerksamkeit, da je nach Produkt, Verzehrgewohnheit sowie körperlicher Verfassung des Verbrauchers ein nicht zu unterschätzendes Risiko für die menschliche Gesundheit bestehen kann. Im Lebensmittelbetrieb sind im Falle eines Nachweises des Bakteriums betriebliche Maßnahmen mit dem Ziel einer Verbesserung der Produktionshygiene erforderlich.

 

Listerien verursachen keine Geruchs- und Geschmacksabweichungen in Lebensmitteln. Daher ist es wichtig, dass das auf vielen Produkten, wie z.B. Räucherfisch, angegebene Verbrauchsdatum beachtet wird. Sofern mit der Angabe der Haltbarkeit eine Kühltemperatur verbunden ist, ist deren konsequente Einhaltung wichtig.

 

Im Falle einer Listeriose-Erkrankung gestaltet sich der Rückschluss vom Patienten auf das zugrundeliegende Lebensmittel häufig schwierig. Das tückische dabei ist die lange Zeitspanne zwischen Erregeraufnahme und Auftreten von Symptomen, die mit wenigen Tagen bis zu zehn Wochen (v.a. bei Schwangerschaftslisteriose) für Listeria monocytogenes typisch ist. Neueste molekularbiologische Techniken wie das Next Generation Sequencing (NGS) ermöglichen die schnelle Aufklärung überregionaler Ausbruchsgeschehen.

 

Mehr Informationen zu NGS

 

Infokasten

Zeitraum 1.1.18-12.11.19, mikrobiologisch untersuchte Lebensmittel- und Hygienetupferproben sowie die Anzahl der Untersuchungen auf Listerien und die Nachweise von Listeria monocytogenes

Tabelle

 

Weitere Informationen

Listeria monocytogenes im Erkrankungszusammenhang in Baden-Württemberg/Rückblick auf die Jahre 2010–2019

Listeria monocytogenes in einem Räucherfischbetrieb – MALDI-TOF-MS-Subtyping als neues „Source-Tracking-Tool”

 

Bildnachweis

CVUA Freiburg, CVUA Stuttgart

 

Artikel erstmals erschienen am 06.12.2019 10:05:57

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