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Trinkschokoladenpulver und kakaohaltige Getränkepulver im Visier der Lebensmittelüberwachung

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dorothee Doludda, Verena Koospal

 

Ein Kakaogetränk gehört bei vielen Familien, insbesondere für Kinder zum täglichen Frühstücksritual. Damit es schnell geht, wird meist fertig gemischtes Getränkepulver in ein Glas oder eine Tasse Milch eingerührt. Wir haben 25 Pulver zur Herstellung von kakaohaltigen Getränken untersucht. Nur ein Produkt war aufgrund seiner Kennzeichnung zu beanstanden. Allerdings gibt es hinsichtlich der Qualität und rechtlichen Einordnung Unterschiede. Auch die Bewerbung dieser meist stark zuckerhaltigen Getränke speziell für Kinder ist umstritten.

 

Foto: zwei Esslöffel gehäuft mit kakaohaltigem Getränkepulver.

Hintergründe

Kakaoerzeugnisse werden in Baden-Württemberg zentral am CVUA Stuttgart untersucht. Bei kakaohaltigen Pulvern zur Herstellung von Getränken liegt der Schwerpunkt der Untersuchungen, neben der Zusammensetzung, vor allem auf Schadstoffen, insbesondere Cadmium oder Mineralölbestandteilen. Geprüft werden zudem Packungsangaben, z. B. Nährwerte und Kakaogehalt. Auch Werbeversprechen und insbesondere die Bezeichnung und Aufmachung der Produkte werden ins Visier genommen.

Hinsichtlich ihrer rechtlichen Einordnung und auch ihrer Qualität lassen sich die Getränkepulver aus Kakao und Zuckerarten in Trinkschokoladenpulver und kakaohaltiges Getränkepulver unterscheiden.

Dabei enthält Trinkschokoladenpulver nach Anlage 1 der Kakaoverordnung mindestens 25 % Kakaopulver. Kakaohaltige Getränkepulver mit einem geringeren Kakaoanteil unterliegen nicht der Kakaoverordnung. Sie dürfen nur unter der Bezeichnung „kakaohaltiges Getränkepulver“ in den Verkehr gebracht werden. Gerade diese, sehr zuckerhaltigen Getränkepulver sind oft mit bunten Bildchen speziell für Kinder beworben.

 

Unsere Untersuchungen

Wir haben bis Juli 2019 sieben Trinkschokoladen und 18 kakaohaltige Getränkepulver untersucht.

Erfreulich ist, dass bei allen Proben die im Rahmen der Nährwertdeklaration angegebenen Zucker- und Fettgehalte mit den von uns ermittelten Werten übereinstimmten. Auch die auf den Verpackungen angegebenen Kakaogehalte konnten bei allen Proben durch unsere Untersuchungen bestätigt werden.

 

Untersuchung von Trinkschokoladenpulver

Alle untersuchten Trinkschokoladenpulver wiesen mindestens den nach Kakaoverordnung erforderlichen Kakaogehalt von 25 % auf. Der geringste Anteil lag bei 27 %, drei Produkte enthielten zwischen 33 und 40 % Kakao, eines sogar 60 %. Sie wurden alle in Bioqualität verkauft, enthielten als Zutaten nur Kakao (mit einem Kakaobuttergehalt von 20 %) und Zucker und waren allesamt nicht zu beanstanden.

 

Untersuchung von kakaohaltigen Getränkepulvern

Die 18 untersuchten kakaohaltigen Getränkepulver wurden alle unter dieser korrekten Bezeichnung in den Verkehr gebracht. Sie wiesen, wie erwartet, hohe Zuckergehalte von ca. 76 bis 78 g/100 g auf.

Die Ausnahme bildet hier ein zuckerreduziertes Produkt. Es weist, wie in der Bewerbung angepriesen, zwar einen geringeren Zuckergehalt (25 g/100 g) auf, der Brennwert (Energiegehalt) ist jedoch nicht reduziert. Dieser Sachverhalt ist ebenfalls in der Bewerbung angegeben, allerdings in kleinerer und unauffälligerer Schrift.

Beim genannten Produkt wird der reduzierte Zuckeranteil nicht durch einen höheren Zusatz an Kakao erreicht, sondern durch Zusatz von Maltodextrin in zwei verschiedenen Formen (weitere Informationen zu Maltodextrin finden sie im nachfolgenden Infokasten).

Im Zutatenverzeichnis dieses Produktes ist „Maltodextrin“ und „Maltodextrin (Ballaststoff)“ angegeben. Aus unserer Sicht sind diese Angaben für den Verbraucher nicht klar und einfach zu verstehen. Damit entsprechen sie nicht der lebensmittelrechtlichen Vorgabe einer klaren und deutlichen Verständlichkeit (Art. 7 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1169/2011).

Wir sehen bei diesem Produkt zudem die Gefahr, dass aufgrund der geringeren Süße eine höhere Dosierung erfolgen und sich damit die Kalorienaufnahme im Vergleich zu einem herkömmlichen Produkt sogar erhöhen kann.

 

Infokasten

Was ist Maltodextrin?

Maltodextrin ist ein Glukosepolymer- bzw. Glukoseoligomergemisch, also ein Stoff, der aus aneinandergebundenen Traubenzuckermolekülen besteht.

Je nach Verknüpfungsart der Glukosemoleküle kann Maltodextrin vom Körper verstoffwechselt werden oder auch nicht. Normalerweise kann Maltodextrin vom Körper wie Stärke oder Malzzucker verstoffwechselt werden und trägt somit zum Energiegehalt bei. Werden die einzelnen Moleküle jedoch anders verknüpft, kann der Körper dieses Produkt nicht mehr abbauen. Eine geeignete Bezeichnung für ein derartiges Produkt im Zutatenverzeichnis hat sich bisher noch nicht etabliert [1]. Im Internet finden sich Bezeichnungen wie „resistentes Maltodextrin“ oder auch „resistentes Dextrin“.

Zur Herstellung von Maltodextrin wird Stärke (beispielsweise aus Mais, Kartoffeln oder Getreide) mit Wärme, Säure und Enzymen behandelt. Zur Herstellung von „resistentem Maltodextrin“, müssen in einem weiteren Schritt, die einzelnen Verbindungen so miteinander verknüpft werden, dass sie durch menschliche Verdauungssysteme nicht mehr abgebaut werden können. Bisher wird dieses „resistente Maltodextrin“ eher selten in Lebensmittel eingesetzt. Herkömmliches Maltodextrin wird dagegen häufig, z. B. als Energieträger in Sportler- oder Sondennahrung, als Füllstoff (in Nahrungsergänzungsmitteln) oder auch als Trägersubstanz für Aromen, Vitamine oder Gewürze verwendet. Es ist ein weißes, leicht süßlich schmeckendes Pulver.

 

Bei allen anderen untersuchten kakaohaltigen Getränkepulvern wurden als Zuckerarten meistens Haushaltszucker (Saccharose) und Traubenzucker (Glucose) zugesetzt. Im Zutatenverzeichnis ist Saccharose als „Zucker“ zu deklarieren. Traubenzucker kann unter den Bezeichnungen Traubenzucker, Dextrose, oder Glukose angegeben werden. Gelegentlich wird Glukosesirup zugesetzt. Einige Hersteller bewerben ihre Produkte mit Angaben wie „mit 20 % Traubenzucker“. Diese Angaben konnten wir allesamt durch unsere analytischen Untersuchungen bestätigen. Ob Traubenzucker als „höherwertiger“ Zucker anzusehen ist, erscheint aus unserer Sicht jedoch fraglich. Wie viel Zucker in einem Lebensmittel insgesamt enthalten ist, kann man der Nährwertdeklaration entnehmen (weitere Informationen finden Sie im Infokasten).

 

Infokasten

Typische Form der Nährwertangaben bei kakaohaltigen Getränkepulvern

In der ersten Spalte stehen die Nährwerte bezogen auf 100 g des Pulvers, in der zweiten Spalte stehen die Nährwerte bezogen auf ein fertiges Getränk aus 20 g Pulver und 200 ml fettarmer Milch.

 

Abbildung: auf eine Verpackung aufgedruckte Tabelle mit Nährwertangaben eines kakaohaltigen Getränkepulvers.

 

In der letzten Spalte ist angegeben, wieviel von der Referenzmenge (bezogen auf einen durchschnittlichen Erwachsenen mit einem Energieverbrauch von 8400 kJ/2000 kcal) bereits durch 200 ml fertiges Getränk abgedeckt werden. Diesen Energieverbrauch von ca. 8400 kJ/2000 kcal weisen z. B. auch 10- bis 13-jährige Mädchen oder 7- bis 10-jährige Jungen auf.

 

Der Kakaogehalt schwankte bei den kakaohaltigen Getränkepulvern von ca. 17 bis 21 %. Verwendet wird hier ausschließlich qualitativ minderwertigerer entölter oder sogar stark entölter Kakao.

Zudem enthielten alle untersuchten Produkte weitere Zutaten und Zusatzstoffe: alle Produkte enthielten als Zusatzstoffe Emulgatoren (Lecithine, meistens Sojalecithin) und Salz, teilweise waren auch Aromen zugesetzt. Seltener werden zudem verschiedene Vitamine zugesetzt. Auch hier muss der Verbraucher entscheiden, ob er seinen Vitaminbedarf tatsächlich durch ein zuckerhaltiges Getränk mit zugesetzten Vitaminen oder vielleicht doch lieber durch die Aufnahme von natürlicherweise in Lebensmittel enthaltenen Vitaminen decken will.

 

Bewerbung speziell für Kinder

Einige der kakaohaltigen Getränkepulver waren mit farbenfroher und insbesondere Kinder ansprechender Bewerbung versehen. Diese Bewerbung ist aus unserer Sicht kritisch zu sehen:

Nach neuesten Empfehlungen der Deutschen Adipositas-Gesellschaft e.V. (DAG), Deutschen Diabetes Gesellschaft e.V. (DDG) und der Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE), veröffentlicht im Konsensuspapier: „Quantitative Empfehlung zur Zuckerzufuhr in Deutschland“ [2], sollte die maximale Zufuhr freier Zucker weniger als 10 % der Gesamtenergiezufuhr betragen. Die Zuckerzufuhr von Kindern liegt in Deutschland deutlich über dieser empfohlenen Höchstmenge. Verbraucherorganisationen (wie Food-Watch) und führende Ärzteverbände sind der Meinung, dass auf stark zuckerhaltigen Produkten keine Bewerbung speziell für Kinder zugelassen sein sollte.

Zu dieser Auffassung kommt auch die WHO (Weltgesundheitsorganisation) in ihrem Nährwertprofilmodel [3] wonach eine speziell für Kinder aufgemachte Bewerbung für kakao- und zuckerhaltige Getränkepulver nicht erlaubt sein sollte.

Bei einem Energiebedarf von 2000 kcal pro Tag sollten maximal 50 g Zucker aufgenommen werden. Die von uns untersuchten Produkte wiesen einen mittleren Zuckergehalt von etwa 70 % auf. Geht man von einer Dosierung von 25 g Getränkepulver pro 250 ml Milch aus, werden ca. 17,5 gZucker mit einer Portion aufgenommen (ohne Berücksichtigung des in der Milch enthaltenen Milchzuckers). Durch das Kakaogetränk werden von der maximalen Zuckermenge somit bereits 35 % abgedeckt. Zur Orientierung: einen Kalorienbedarf von ca. 2000 Kilokalorien hat z. B. ein 10- bis 13-jähriges Mädchen oder ein 7- bis 10-jähriger Junge [4].

Im Sinne vernünftiger Strategien zur Bekämpfung von Erkrankungen aufgrund ungesunder Ernährung, Adipositas und Übergewicht, wie sie von der Europäischen Union angestrebt werden, sollte die speziell Kinder ansprechende Bewerbung dieser Produkte unterbleiben. Lebensmittelrechtliche Regelungen gibt es hierzu allerdings nicht. Bei den betroffenen Produkten wurde von unserer Seite daher eine Empfehlung ausgesprochen, den Hersteller auf diesen Sachverhalt hinzuweisen.

 

Untersuchung auf Cadmium

Cadmium ist ein toxisches Schwermetall, das sich im menschlichen Körper anreichert und insbesondere die Nieren, das Nervensystem und die Knochen schädigen kann. Darüber hinaus gilt es als humancancerogen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat im Jahr 2009 die lebenslang duldbare wöchentliche Aufnahmemenge (TWI-Wert) für Cadmium auf 2,5 µg/kg Körpergewicht festgelegt.

In der VO (EG) 1881/2006 wurden daher Grenzwerte für Cadmium in Kakaoerzeugnissen festgelegt. Für Kakaopulver, das an Endverbraucher verkauft wird, oder als Zutat in gesüßtem Kakaopulver, das an Endverbraucher verkauft wird, beträgt der Grenzwert 0,60 mg/kg. Bei allen untersuchten Produkten waren die ermittelten Cadmiumgehalte erfreulicherweise unauffällig und lagen deutlich unter der gesetzlich festgelegten Höchstmenge.

 

Untersuchung auf Mineralölbestandteile

Mineralölbestandteile sind chemische Verbindungen, die vor allem ungewollt in Lebensmittel eingetragen werden können (z. B. über Maschinenöle bei der Ernte oder über eine mineralölhaltige Imprägnierung der Transportsäcke für Kakaobohnen). Anhand Ihrer Struktur werden sie in MOSH (gesättigte Mineralölbestandteile) und MOAH (aromatische Mineralölbestandteile) eingeteilt. Zudem untersucht das CVUA Stuttgart PAO (Polyalphaolefine), die z. B. als Schmierstoffe in der Produktion eingesetzt werden dürfen und POH (Verbindungen aus Kunststoff z. B. Polyethylen oder Polypropylen).

Bestimmte MOSH Verbindungen können sich laut EFSA (2012) im menschlichen Fettgewebe sowie in Milz, Leber und Lymphknoten anreichern. MOAH werden von der EFSA als potentiell krebserregend eingestuft. Aufgrund dessen wird vor allem die Verunreinigung von Lebensmitteln durch MOAH als besorgniserregend angesehen und gefordert, dass eine weitgehende Minimierung des Gehaltes in Lebensmitteln anzustreben ist.

Seit April 2019 gibt es für verschiedene Lebensmittelgruppen sogenannte Orientierungswerte. Diese stellen den Stand der guten fachlichen Herstellungspraxis auf den verschiedenen Produktionsstufen dar. Für Trinkschokoladen und kakaohaltige Getränkepulver liegt der Orientierungswert für MOSH/POH/PAO bei 9 mg/kg und MOAH darf in diesen Produkten nicht bestimmbar sein.

Alle untersuchten Proben lagen unterhalb des Orientierungswertes und waren somit unauffällig. MOSH/POH/PAO waren, wenn überhaupt, nur in Spuren nachweisbar und MOAH wurde in keiner der Proben gefunden.

 

Quellen

[1] Lebensmittelklarheit: Maltodextrin als Ballaststoff – was soll das sein?

[2] Quantitative Empfehlung zur Zuckerzufuhr in Deutschland

[3] WHO Regional Office for Europe nutrient profile model

[4] Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.: Referenzwerte / Energie

 

Artikel erstmals erschienen am 04.03.2020 08:28:24

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