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Erregeridentifizierung: Elektronenmikroskopie

Die Elektronenmikroskopie ist die einzige Technik, mit Hilfe derer Viren in der Routinediagnostik oder für spezielle wissenschaftliche Fragestellungen rasch sichtbar gemacht werden können. Im Gegensatz zu zahlreichen anderen, spezialisierten mikrobiologischen Methoden, wie z.B. die PCR (Polymerasekettenreaktion), bietet die Elektronenmikroskopie einen „offenen Blick“, dies bedeutet das Erkennen und die Identifizierung gleichzeitig aller in Probenmaterialien vorliegender Mikroorganismen. Grundlage dafür ist die Darstellung charakteristischer morphologischer Gesamt- und Feinstrukturen von Viren.

 

Unter den verschiedenen Techniken der Elektronenmikroskopie kommt in der Diagnostik überwiegend das Transmissionselektronenmikroskop (TEM) zum Einsatz. Bereits 1939 baute Friedrich Ruska zusammen mit Bodo von Borries das erste kommerzielle TEM bei Siemens. Die Technik gewann in Medizin und Wissenschaft im Laufe der Zeit derart an Bedeutung, dass Friedrich Ruska hierfür 1986 der Nobelpreis für Physik verliehen wurde. Das TEM erzielt für Standardanwendungen in der medizinischen und veterinärmedizinischen Diagnostik Vergrößerungen von bis zu 500.000-fach. Dies ermöglicht das Erkennen charakteristischer Gesamt- und Feinstrukturen von Viruspartikeln und lässt dadurch die Zuordnung zu einer bestimmten Virusfamilie oder sogar zu einer Virusgattung zu. Bildergalerien für Viren bieten hierbei eine wertvolle Unterstützung für einen optischen Vergleich. Im Gegensatz zu anderen Techniken, z.B. MALDI-TOF MS, FT-IR oder die Entschlüsselung von DNA-Sequenzen, ist die Auswertung von TEM-Bildern nicht auf Datenbanken angewiesen.

 

Durch das rasche Herstellen von Präparaten fürs TEM aus unterschiedlichsten Probenmaterialien kann bereits nach einer Stunde eine Diagnose gestellt werden. Dies hat nicht nur große Bedeutung für die tägliche Diagnostik sondern auch für das Erkennen bisher noch nicht aufgetretener oder sogar neuartiger Viren, wie die Beispiele der Nachweise des Virus der Porzinen Epizootische Diarrhoe (PED) beim Schwein (Hanke et al., 2015) oder von Rotaviren bei Tauben (Rubbenstroth et al., 2019) eindrucksvoll zeigen.

 

Durch das Sichtbarmachen von Mikroorganismen im TEM können diese auch quantifiziert und somit quantitative Erregerstandards für andere Testverfahren wie die quantitative PCR (Real-Time PCR, qPCR) hergestellt werden (Hoferer et al., 2017; Sting et al., 2015).

 

Die Elektronenmikroskopie ist in unserer Diagnostik für das rasche Erkennen und die Einordnung von Viren als Ursache von Infektionskrankheiten bei Tieren unverzichtbar. In weiterführenden Schritten können somit basierend auf den Ergebnissen der Elektronenmikroskopie gezielt tiefergehende Untersuchungsmethoden wie z.B. Next Generation Sequencing (NGS) zur Identifizierung und Charakterisierung neuartiger und bekannter Viren eingesetzt werden. Die Elektronenmikroskopie ist somit ein wichtiger initialer Schritt bei der Identifizierung von Viren im CVUA Stuttgart.

 

Präparationstechnik

Für die Untersuchung von Proben im Elektronenmikroskop wird die Präparationstechnik der Negativ-Kontrastierung angewendet.

Die mit Puffer gemischten Proben werden in einem Laborhomogenisator unter Verwendung von keramischen Kügelchen mit einem Durchmesser von 3mm homogenisiert (Abbildung 1).

 

Abbildung 1: Die Probe wird in einem Gewebehomogenisator zerkleinert.

Abbildung 1: Die Probe wird in einem Gewebehomogenisator zerkleinert

 

Nach der Klärung der homogenisierten Proben durch Zentrifugation wird ein Tropfen des Überstands auf Parafilm pipettiert. Anschließend wird auf diesen Tropfen ein mit Pioloform und mit Kohle beschichtetes Kupfernetzchen (Grid, 400 mesh) für 5 Minuten aufgelegt (Abbildung 2).

 

Abbildung 2: Viruspartikel lassen sich auf der Oberfläche des mit Pioloform beschichteten Kupfernetzhen absorbieren.

Abbildung 2: Viruspartikel lassen sich auf der Oberfläche des mit Pioloform beschichteten Kupfernetzhen absorbieren

 

Danach werden die Kupfernetzchen auf einem Tropfen destilliertes Wasser gewaschen und anschließend auf einem Tropfen 1%iger Phosphorwolframsäure (pH 7,2) für 1–2 Minuten kontrastiert (Rubbenstroth et al. 2019).

Die auf diese Weise präparierten Proben werden in dem Transmissionselektronenmikroskop JEM 1011 (Fa. JEOL) bei 80kV Beschleunigungsspannung und bei 40.000-facher Vergrößerung untersucht (Abbildung 3).

 

Abbildung 3: Transmissionselektronenmikroskop JEM 1011 der Fa. JEOL (links), Rotaviren im Elektronenmikroskop (rechts).

Abbildung 3: Transmissionselektronenmikroskop JEM 1011 der Fa. JEOL (links), Rotaviren im Elektronenmikroskop (rechts)

 

Weiterführende Literatur

  • Hanke D, Jenckel M, Petrov A, Ritzmann M, Stadler J, Akimkin V, et al. Comparison of Porcine Epidemic Diarrhea Viruses from Germany and the United States, 2014. Emerg Infect Dis 2015, 21(3):493–496.
  • Hoferer M, Braun A, Sting R. Creation of a bovine herpes virus 1 (BoHV-1) quantitative particle standard by transmission electron microscopy and comparison with established standards for use in real-time PCR. Biologicals 2017, 48(7): 121-125. DOI: 10.1016/j.biologicals.2017.03.007
  • Rubbenstroth D, Peus E, Schramm E, Kottmann D, Bartels H, McCowan C, Schulze C, Akimkin V, Fischer N, Wylezich C, Hlinak A, Spadinger A, Großmann E, Petersen H, Grundhoff A, Rautenschlein S, Teske L. Identification of a novel clade of group A rotaviruses in fatally diseased domestic pigeons in Europe. Transbound Emerg Dis 2019, 66(1): 552 561. DOI: 10.1111/tbed.13065
  • Sting R, Molz K, Hoferer M. Creating standards for absolute quantification of Coxiella burnetii in real-time PCR – a comparative study based on transmission electron microscopy. Biologicals 2015, 43(1): 18–22. DOI: 10.1016/j.biologicals.2014.10.006

 

Artikel erstmals erschienen am 15.08.2019 13:45:46

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