Baden-Württemberg

Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg

Rohmilch in der Gastronomie – Ein Vermarktungsweg nicht ohne Gefahren

Dr. Christine Wind (CVUA Freiburg)

 

RohmilchDem Ideenreichtum der Lebensmittelunternehmer sind keine Grenzen gesetzt, wenn es um das Trendthema „Regionalität" geht.

So offenbarte sich dem Chemischen und Veterinärunter- suchungsamt Freiburg eine bisher unbekannte Form der regionalen Vermarktung von Rohmilch:
Aus einem Milchbetrieb erfolgte die Abgabe von Rohmilch an lokale Gastronomiebetriebe, in denen die Milch als Beigabe zu verschiedenen Heißgetränken oder z.B. in Form von Milchschaum an den Verbraucher abgegeben wurde.

 

Milchvieh

Infokasten

Kleinbäuerliche milchwirtschaftliche Betriebe unterliegen aufgrund der niedrigen Erzeugerpreise für Milch verschärften Wettbewerbsbedingungen. Nicht selten wird in diesen Betrieben versucht durch die Direktvermarktung von Milch eine höhere Wertschöpfung zu erreichen. Durch den Trend zu regionalen Produkten bietet sich ein steigendes Vermarktungspotential.

 

Gefahren bei der Verwendung von Rohmilch in der Gastronomie:

KaffeevollautomatIn Rohmilch können Krankheitserreger enthalten sein (u.a. Salmonellen, EHEC, Listerien). Wird die Rohmilch nicht einer ausreichenden Wärmebehandlung unterzogen, ist das Überleben dieser Keime möglich. Insbesondere für Personen der Risikogruppen (schwangere, ältere, chronisch kranke und immunsupprimierte Personen, Kinder) können diese Erreger eine ernsthafte gesundheitliche Gefahr darstellen.

 

In Kaffeevollautomaten, wie sie häufig in der Gastronomie anzutreffen sind, erfolgt eine automatisierte Erhitzung der Milch. Diese Form der Wärmebehandlung war auch bei den zur Untersuchung vorgelegten Proben anzutreffen. Die zentrale Frage, auf die die Untersuchung ausgerichtet wurde, war daher:

„Ist die automatisierte Erhitzung ausreichend um Keime abzutöten und um somit ein sicheres Lebensmittel zu erhalten?"

Die Milchproben wurden nach der Wärmebehandlung im Gastronomiebetrieb entnommen. Im Labor wurden der Gesamtkeimgehalt sowie das Vorkommen von Krankheitserregern überprüft. Zudem wurde das Vorhandensein der alkalischen Phosphatase in der Milch untersucht.

 

Infokasten

Bei der alkalischen Phosphatase handelt sich um ein Enzym, das in Rohmilch von Natur aus vorhanden ist. Da dieses Enzym hitzeempfindlich ist, wird es bei einer ausreichenden Wärmebehandlung inaktiviert, der Nachweis der Enzymaktivität ist in diesem Fall negativ. Im Umkehrschluss kann der positive Nachweis der Enzymaktivität einen Hinweis darauf geben, dass keine Inaktivierung der alkalischen Phosphatase und somit keine ausreichende Wärmebehandlung der Rohmilch stattgefunden hat.

 

Die Untersuchungsergebnisse zeigten, dass Krankheitserreger in keiner Probe nachweisbar waren. Allerdings konnten z.T. eine positive Enzymaktivität der alkalischen Phosphatase und Keime in geringer Menge festgestellt werden. Eine ausreichende Erhitzung zur sicheren Abtötung von Keimen erschien daher nicht in jedem Fall gewährleistet.

 

Abbildung: Untersuchungsergebnisse

Messergebnisse

Erkenntnisse aus den durchgeführten Untersuchungen:

Mögliche Gefahren dürfen neben verschiedenen Vorteilen und Möglichkeiten aus Sicht der Lebensmittelunternehmer und Verbraucher (Erschließung neuer Absatzmärkte, Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, Deckung der Nachfrage der Verbraucher nach regionalen Produkten) nicht außer Acht gelassen werden. Insbesondere müssen sich Lebensmittelunternehmer ihrer Verantwortung hinsichtlich der Sicherheit der Lebensmittel auf allen Stufen der Lebensmittelkette bewusst sein.

 

Um die Gefahr durch potentiell vorhandene pathogene Keime zu minimieren, ist eine ausreichende Erhitzung der Rohmilch erforderlich. Wie die Ergebnisse zeigen, ist im Einzelfall zu hinterfragen, ob automatisierte Erhitzungsprogramme in Kaffeeautomaten zur Gewährleistung eines sicheren Lebensmittels geeignet sind.

 

Die Einführung und Einhaltung standardisierter Verfahren, die auf kontrollierbaren Zeit-Temperatur-Kombinationen beruhen (sog. Verfahren nach HACCP-Grundsätzen), bieten dem Gastronom die Möglichkeit eine ausreichende Erhitzung der Rohmilch zu gewährleisten. Beispielsweise kann dies durch eine manuelle Erhitzung der Rohmilch unter Kontrolle der Temperatur und der Heißhaltezeit vor dem Einfüllen in den Automaten erreicht werden.

 

Die detaillierten rechtlichen Hintergründe und Ergebnisse zu diesem Thema wurden auf der 52. Arbeitstagung des Arbeitsgebietes Lebensmittelhygiene der DVG in Garmisch-Partenkirchen vom 24. bis 27. September 2013 im Rahmen einer Posterpräsentation vorgestellt.

 

Weiter zum POSTER (pdf, 1,7 mByte)

 

Bildnachweis

CVUA Freiburg (Milchvieh)

almotti, www.pixelio.de, Image-ID: 478793 (Rohmilch)

Rainer Sturm, www.pixelio.de, Image-ID: 489528 (Kaffeevollautomat)

 

Artikel erstmals erschienen am 06.11.2013 13:11:57

Copyright © 2005–2024 Alle Rechte vorbehalten.